Sie können sich diesen Text nicht zuletzt vorlesen lassen:
Zum ersten Mal geschah es nebst einem Reise. meine Wenigkeit erinnere mich, dass ich vorausfuhr. Mein rotes Fahrrad war neu, hinaus dem Kuli saß meine Freundin Lulu. Rechts von uns floss die Elbe, es ging leichtgewichtig bergauf, und was auch immer an diesem Moment war kostbar: die Präsenz meiner Schraubenmutter, nebst dieser ich denn Trennungskind nicht lebte und die jetzt mit ihrem Kamerad hinter uns herspazierte. Lulu, meine Freude zusätzlich dies neue Fahrrad. Mir wurde seltsam leichtgewichtig ums Kardia, es stolperte, und dann schlug es wie noch nie zuvor. Es raste. Wenn ich daran zurückdenke, sehe ich mich liegend hinaus einer nahen Geschäftsbank, eine Fünfjährige mit bebendem Brustkorb. Die anderen standen um mich herum. Ein Jogger stoppte, fragte, welches los sei, und demnächst darauf hing ich zusätzlich dieser Rückenlehne dieser Geschäftsbank, kotzend. So unerwartet, wie dies Tachykardie begonnen hatte, hörte es nicht zuletzt wieder hinaus. Geblieben ist dies Wissen, dass es wiederkommen kann, zu jeder Zeit.
Seitdem dem Moment an dieser Elbe sind mein Kardia und ich in einer Verbindung. Unzählige Male hat es im Laufe meines Lebens geflattert, in Situationen, in denen ich emotional aufgewühlt war und manchmal nicht zuletzt materiell angestrengt. In denen ich verliebt war, schüchtern, überfordert. Es flattert solange bis heute und schert sich nicht drum, dass ich gehen, nicht Blicke auf sich ziehen will. Wenn du es ihnen nicht sagst, ruft mein rasendes Kardia, sage ich es ihnen! Und dann liege ich in teppichweichen Hinterzimmern, in gefliesten Fluren, zwischen Sitzen im Zug oder im Wald und warte, dass es wieder einklinkt. Still ist es in diesem Zusammenhang im besten Kern, damit mir was auch immer egal werden darf. Ausrasten und einklinken, meine körpereigenen Verben seit dieser Zeit so gut wie 40 Jahren. Nichts hinaus dieser Welt bremst mich so vehement wie mein Kardia. Jeweilig erinnert es mich daran, dass was auch immer andere weniger wichtig ist, denn ich denke. Jeweilig verdränge ich die Erkenntnis wieder, sowie es sich beruhigt hat, und lasse mich wieder nicht untersuchen.
Dasjenige Kardia ähnele einer Mango, schrieb ein Mediziner, und damit kann ich irgendetwas einführen.“
Mag sein, dass die Rhythmusstörungen meine Hinsicht schärfen, doch eine Verbindung zu unserem Liebkosen nach sich ziehen wir – divergent denn zu unseren Nieren – leer. Es ist ein wundersames Organ. Leichtgewichtig gewogen sitzt es faustgroß in dieser linken Seite des Brustkorbs, geschützt durchs Brustbein, die Rippen, Lungenflügel und dies Zwerchfell. Dass es einer Mango ähnele, schrieb ein Mediziner, und damit kann ich irgendetwas einführen. Kunstvoll ist seine Bewandtnis, nicht zuletzt komplex. Es arbeitet weitgehend autonom: Seine eigene Schaltzentrale hat es, den Sinusknoten, dieser es ungefähr hunderttausendmal am Tag verhauen lässt. In 24 Zahlungsfrist aufschieben pumpt es rund 7000 Liter durch den Leib, lebenslang. Dass es sicher mehrere Kilo wöge, dachte ich Menorrhagie. Nun ist es so leichtgewichtig wie die Menge Zucker, die ich in meine Schokoladentarte schütte, kaum 300 Gramm.
Hört es hinaus zu verhauen, sterben wir. Insoweit macht es uns Muffe, wenn dies Kardia rast oder stolpert, wenn es aussetzt oder schmerzt. Übertrieben ist unsrige Sorge nicht, denn obwohl wir hinaus eine ausgezeichnete medizinische Versorgung vertrauen können, sind Kardia-Schaltschema-Erkrankungen die häufigste Todesursache in diesem Staat. Im vergangenen Jahr starben mehr denn 358.000 Menschen an ihnen. Kaum verwunderlich, dass die am meisten verordneten Arzneimittel Kardia-Schaltschema-Medikamente sind. Und wir scheinen unser Kardia nicht zuletzt stärker zu strapazieren denn die Menschen in vielen anderen Ländern. Im westeuropäischen Vergleich jedenfalls nach sich ziehen wir eine geringere durchschnittliche Lebenserwartung denn sie.
Erschienen in stern 13/2024